Abstraktes Bild mit Personen an einer Festtafel

Die Kurfürsten und die Goldene Bulle

"Man nannte die Zeit nach dem Ende der Staufer ‚Interregnum‘, Zwischenherrschaft. Doch das ist nicht richtig. Es fehlte keineswegs an Königen. Eher kämpften zu viele Könige gegeneinander. "

Prof. Dr. Bernd Schneidmüller

Ausstellungsraum Landesmuseum Mainz
Ausstellungsraum Landesmuseum Mainz

Die Goldene Bulle

Die Goldene Bulle – Exemplar des Erzbischofs von Mainz

Nürnberg, 10. Januar 1356; Metz, 25. Dezember 1356, Pergament
Wien, Österreichisches Staatsarchiv/Haus-, Hof- und Staatsarchiv

Der hier gezeigte Text regelt die Wahl des römisch-deutschen Königs. Bei dieser nimmt der Mainzer Erzbischof eine herausragende Rolle unter den Kurfürsten ein: Er eröffnet die Wahl mit einer Messe und leitet die Stimmabgabe. Dem für den Mainzer Erzbischof ausgestellten Exemplar fehlt heute die Goldbulle. Nach über 200 Jahren kehrt das Mainzer Exemplar der Goldenen Bulle nun erstmals wieder an seinen ursprünglichen Bestimmungsort zurück.

Die Goldene Bulle – Exemplar des Erzbischofs von Mainz
Die Goldene Bulle – Exemplar des Erzbischofs von Mainz

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Das Reich als lebendes Bild
Schaubild Rangordnung
Schaubild Rangordnung

Die Kurfürsten als „Säulen des Reichs“

Zinnenstein vom ehemaligen Kaufhaus am Brand mit Relief des Königs Ludwig des Bayern
Zinnenstein vom ehemaligen Kaufhaus am Brand mit Relief des Königs Ludwig des Bayern

Zinnenstein vom ehemaligen Kaufhaus am Brand mit Relief des Königs Ludwig des Bayern
Mainz, um 1317 oder 1330–1340, Roter Mainsandstein
Mainz, GDKE, Landesmuseum Mainz

Als die Figuren für das Mainzer Kaufhaus entstehen, regiert Ludwig IV. (reg. 1328–1347). Doch seine Herrschaft ist umstritten: Bei der Wahl 1314 sind die Kurfürsten uneins, es kommt zu einer Doppelwahl. Erst acht Jahre später kann sich der Wittelsbacher Ludwig auf dem Schlachtfeld gegen seinen Konkurrenten Friedrich von Habsburg durchsetzen. Bald darauf folgt der Konflikt mit dem Papsttum: Ludwig lässt den Papst absetzen und sich von einem Gegenpapst zum Kaiser krönen. In diesem Konflikt wählt 1346 schließlich ein Teil der Kurfürsten Karl IV. zum Gegenkönig; im Jahr darauf stirbt Ludwig.

Relief des Erzbischofs von Mainz
Relief des Erzbischofs von Mainz

Zinnenstein vom ehemaligen Kaufhaus am Brand mit Relief des Erzbischofs von Mainz
Mainz, um 1317 oder 1330-40, Roter Mainsandstein
Mainz, GDKE, Landesmuseum Mainz

Der Erzbischof von Mainz steht an der Spitze des Kurfürstenkollegs. Er lädt zur Königswahl ein, leitet die Wahl und hat die letzte, gegebenenfalls entscheidende Stimme. Die Zentren seines Territoriums sind Mainz, Aschaffenburg am Main und Erfurt in Thüringen. Mehrfache Auseinandersetzungen um das Amt des Erzbischofs ziehen das Erzbistum stark in Mitleidenschaft. Dagegen wird die Stadt Mainz wieder der Herrschaft des Erzbischofs unterworfen.

Relief des Erzbischofs von Köln
Relief des Erzbischofs von Köln

Zinnenstein vom ehemaligen Kaufhaus am Brand mit Relief des Erzbischofs von Köln
Mainz, um 1317 oder 1330–1340, Roter Mainsandstein
Mainz, GDKE, Landesmuseum Mainz

Im Kampf um das Krönungsrecht kann sich der Erzbischof von Köln durchsetzen. Auch auf manche Wahlentscheidungen hat er zunächst noch entscheidenden Einfluss. Seine territoriale Vormachtstellung am Niederrhein geht jedoch in kriegerischen Auseinandersetzungen verloren.

Relief des Erzbischofs von Trier
Relief des Erzbischofs von Trier

Zinnenstein vom ehemaligen Kaufhaus am Brand mit Relief des Erzbischofs von Trier
Mainz, um 1317 oder 1330–1340, Roter Mainsandstein
Mainz, GDKE, Landesmuseum Mainz

Der Erzbischof von Trier hat bei der Königswahl die erste Stimme. Erzbischof Balduin (reg. 1307–1354) aus dem Geschlecht der Luxemburger betreibt erfolgreich die Königserhebung seines Bruders Heinrichs VII. und später von dessen Enkel Karl IV. Neben Trier ist Koblenz der Hauptort des Erzstifts. Im ganzen Gebiet entstehen zahlreiche Burgen. Interne Kämpfe führen im 15. Jahrhundert zeitweise zum Niedergang.

Relief des Königs von Böhmen
Relief des Königs von Böhmen

Zinnenstein vom ehemaligen Kaufhaus am Brand mit Relief des Königs von Böhmen
Mainz, um 1317 oder 1330–1340, Roter Mainsandstein
Mainz, GDKE, Landesmuseum Mainz

Als gesalbter und gekrönter Herrscher hat der König von Böhmen den ersten Rang unter den weltlichen Fürsten inne. Die reichen Silbervorkommen in seinem Land verschaffen ihm großen Reichtum. Für etwa ein Jahrhundert herrschen die Luxemburger gleichzeitig als König in Böhmen und als Kaiser im Reich.

Relief des Pfalzgrafen bei Rhein
Relief des Pfalzgrafen bei Rhein

Zinnenstein vom ehemaligen Kaufhaus am Brand mit Relief des Pfalzgrafen bei Rhein
Mainz, um 1317 oder 1330–1340, Roter Mainsandstein
Mainz, GDKE, Landesmuseum Mainz

Die Pfalzgrafschaft bei Rhein liegt seit 1214 in den Händen der Wittelsbacher. Im Kampf um die Kurwürde setzt sich durch die Goldene Bulle die pfälzische gegen die bayerische Linie durch. Ein halbes Jahrhundert später steigt mit Ruprecht (reg. 1400–1410) sogar ein Pfalzgraf zum König auf.

Relief des Herzogs von Sachsen
Relief des Herzogs von Sachsen

Zinnenstein vom ehemaligen Kaufhaus am Brand mit Relief des Herzogs von Sachsen
Mainz, um 1317 oder 1330–1340, Roter Mainsandstein
Mainz, GDKE, Landesmuseum Mainz

Der Herzog von Sachsen ist laut der Goldenen Bulle zusammen mit dem Pfalzgrafen königlicher Stellvertreter in der Zeit zwischen Tod und Neuwahl eines Königs. Dieses Recht findet jedoch keine Umsetzung. Auch in Sachsen ist die Kurwürde umkämpft. Nach dem Aussterben der siegreichen Linie von Sachsen-Wittenberg erhebt der Kaiser den Markgrafen von Meißen aus dem Geschlecht der Wettiner zum Kurfürsten. Dies bewirkt eine beträchtliche Vergrößerung des Territoriums und der politischen Bedeutung.

Relief des Markgrafen von Brandenburg
Relief des Markgrafen von Brandenburg

Zinnenstein vom ehemaligen Kaufhaus am Brand mit Relief des Markgrafen von Brandenburg
Mainz, um 1317 oder 1330–1340, Roter Mainsandstein
Mainz, GDKE, Landesmuseum Mainz

In den Ritualen steht der Markgraf von Brandenburg immer an letzter Stelle. Aber er gehört zu den Kurfürsten, das zählt. Im 14. Jahrhundert werfen die Kaiser ein Auge auf die stark expandierende Markgrafschaft: Sie gelangt erst in den Besitz der Wittelsbacher und dann der Luxemburger. 1415 steigt der Nürnberger Burggraf aus dem Geschlecht der Hohenzollern zum Kurfürsten auf. Berlin wird zur Hauptresidenz.

Rekonstruktion des Kaufhauses am Brand
© Mainz, Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e.V.; img, Institut für Mediengestaltung und i3mainz, Institut für Raumbezogene Informations- und Messtechnik, der Hochschule Mainz
Detail Rekonstruktion des Kaufhauses am Brand
Mainz, Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e.V.; img, Institut für Mediengestaltung und i3mainz, Institut für Raumbezogene Informations- und Messtechnik, der Hochschule Mainz
Detail Rekonstruktion des Kaufhauses am Brand
Mainz, Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e.V.; img, Institut für Mediengestaltung und i3mainz, Institut für Raumbezogene Informations- und Messtechnik, der Hochschule Mainz
Detail Rekonstruktion des Kaufhauses am Brand
Mainz, Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e.V.; img, Institut für Mediengestaltung und i3mainz, Institut für Raumbezogene Informations- und Messtechnik, der Hochschule Mainz
Detail Rekonstruktion des Kaufhauses am Brand
Mainz, Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e.V.; img, Institut für Mediengestaltung und i3mainz, Institut für Raumbezogene Informations- und Messtechnik, der Hochschule Mainz
Rekonstruktion des Kaufhauses am Brand

Das Highlight: Die Goldene Bulle – Exemplar des Erzbischofs von Köln

Die Goldene Bulle – Exemplar des Erzbischofs von Köln
Die Goldene Bulle – Exemplar des Erzbischofs von Köln © Darmstadt, Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt, Hs 3065

1356 oder kurz danach, Pergament, Gold
Darmstadt, Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt, Hs 3065

Neben den Exemplaren für die Erzbischöfe von Mainz und Trier wird in dieser Ausstellung auch die Ausfertigung der Goldenen Bulle für den Erzbischof von Köln gezeigt. Damit sind die drei Originale für die drei rheinischen Erzbischöfe erstmals seit Jahrhunderten auf Zeit wiedervereinigt. Um 1356 erhielten die Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier, der König von Böhmen und der Pfalzgraf bei Rhein originale Ausfertigungen der Goldenen Bulle. Im Gesetzestext werden die Kurfürsten als „Säulen und Mauern des Reichs“ bezeichnet.

Seinen suggestiven Glanz erhielt das „Kaiserliche Rechtbuch“ durch die anhängende Goldbulle Kaiser Karls IV. Die Vorderseite zeigt den thronenden Herrscher im Ornat mit Krone, Zepter und Reichsapfel inmitten zweier Wappenschilder mit dem Adler des Reichs und dem böhmischen Löwen.

Die Umschrift, die mit dem böhmischen Königstitel ins Siegelfeld reicht, lautet:
+ KAROLVS QVARTVS DIVINA FAVENTE CLEMENCIA ROMANOR(VM) IMPERATOR SEMP(ER) AVGVSTVS / ET BOEMIE REX
„+ Karl IV., durch Gottes günstige Milde Kaiser der Römer, immer Augustus, und König von Böhmen“

Die Rückseite zeigt eine stilisierte Stadtarchitektur Roms:
+ ROMA CAPVT MVNDI REGIT ORBIS FRENA ROTVNDI
„+ Rom, das Haupt der Welt, lenkt die Zügel des Erdkreises“

Im offenen Stadttor steht:
AVREA ROMA
„Goldenes Rom“