Die Sammlungen des Landesmuseums Mainz
Das Landesmuseum Mainz ist eines der ältesten Museen Deutschlands. 1803 begründet, gehen die Anfänge der Sammlungen auf das 16. Jahrhundert zurück. Sie repräsentieren rund 300.000 Jahre Kultur-, Menschheits- und Gesellschaftsgeschichte in unserer Region und darüber hinaus.
Die Region von Mainz war seit je her Knotenpunkt zwischen Oberrhein, Mittelrhein und Main. Dieser Reichtum und die internationalen Beziehungen spiegeln sich in den vielfältigen Beständen des Museums wider. So präsentiert das Museum archäologische Funde, Gemälde, Skulpturen, Möbel, Porzellan, Judaika, Jugendstilglas sowie eine umfangreiche Graphische Sammlung.
Welche Schwerpunkte unserer Sammlung derzeit im Museum präsentiert werden finden Sie im Bereich Dauerausstellung.
Vorgeschichte: Vielfalt und Wandel in Rheinhessen
Die vorgeschichtlichen Bestände führen in die frühen Kulturen und Gesellschaften von der Altsteinzeit bis zu den Anfängen der Römischen Zeit ein. Als eine der Zentralregionen Europas zeigen sich insbesondere hier die vielfältigen kulturellen Einflüsse sowie der Wandel über mehr als 300.000 Jahre Menschheits- und Kulturgeschichte.
Namengebende Fundkomplexe und einmalige Funde, wie altsteinzeitliche Venusstatuettenfragmente, herausragende Prunkbeile aus Jadeit, das außergewöhnliche bronzene Sistrum oder der einzigartige keltische Glashund, lassen diesen außerordentlichen Reichtum und die jahrtausendalte kulturelle Vielfalt lebendig werden.
Römische Altertümer
Die römische Sammlung ist durch die stark militärisch bestimmte Stadtgeschichte Mogontiacums geprägt. Das auf ein Doppellegionslager auf dem Kästrich gründende Mainz war seit dem Ende des 1. Jhds. Hauptstadt und militärisches sowie ziviles Verwaltungszentrum der neuen Provinz Germania Superior.
Schwerpunkte der römischen Abteilung bilden die umfangreiche Sammlung römischer Grabsteine, Militaria und eine bedeutende Glassammlung. Einzigartig ist die gerade restaurierte, reich figürlich verzierte Große Mainzer Jupitersäule, die die canabarii Jupiter für das Wohl Neros (+ 68 n. Chr.) gestiftet hatten.
Früh- bis Hochmittelalter: Die Franken
Seit der Spätantike vollzog sich ein Wandel in der noch römisch geprägten Bevölkerung, die schließlich im späten 5. und frühen 6. Jahrhundert von fränkischen Gruppen abgelöst wurden. Im Zuge der fränkischen Landnahme wurde Rheinhessen weitgehend flächendeckend aufgesiedelt, wie das Gräberfeld von Selzen oder das Fürstengrab von Planig belegen.
Die Stadt Mainz entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte zu eine der bedeutendsten Erzbischofsstädte im mittelalterlichen Reich. Zeugnisse dieser herausragenden Bedeutung sind die Relikte des Klosters St. Alban, das karolingische Thronfragment oder die einzigartige Mainzer Adlerfibel.
Skulpturen und Altargemälde des mittelalterlichen Mainz
Die berühmten Kurfürstenzinnen vom Kaufhaus am Brand in Mainz, die Portalskulpturen der ehemaligen Liebfrauenkirche, prachtvolle Altartafeln oder der umfassende Gemäldezyklus des sog. „Mainzer Marienlebens“ geben einen Eindruck von der Qualität und Vielfalt der künstlerischen Produktion in der erzbischöflichen Metropole, die im Mittelalter wirtschaftlich und politisch zu den bedeutendsten Städten des Reiches gehörte. Die Sammlung mittelalterlicher Skulpturen und Tafelgemälde stellt einen der ältesten Bestände des Museums dar und weist ausschließlich Kunstwerke aus Mainz und seiner nächsten Umgebung auf.
Judaica: Zeugen jüdischen Lebens in und um Mainz
„Wegen Umbauarbeiten vorübergehend geschlossen.“
Mainz war als eine der SchUM-Gemeinden ein bedeutendes Zentrum jüdischer Kultur. So wie das Christentum sich in den Domen zu Speyer, Worms und Mainz manifestiert, verbindet das Judentum die Anfangsbuchstaben genau dieser drei Städte zu dem hebräischen „Schum“ (wörtlich »Knoblauch«). Der einflussreiche Gelehrte Gerschom bar Jehuda eröffnete eine Talmudschule in Mainz, das hierdurch religiös-kultureller Mittelpunkt der SchUM-Städte wurde.
Die neuzeitlichen jüdischen Kultgegenstände, überwiegend Goldschmiedearbeiten des 18. und 19. Jahrhunderts, stammen aus der Sammlung des "Vereins zur Pflege jüdischer Altertümer in Mainz". Ein Großteil der Bestände ist der Zerstörungswut in der Pogromnacht vom 9. November 1938 zum Opfer gefallen. Ein bedeutender Teil der damals geretteten Kultgegenstände ist als Dauerleihgabe der Jüdischen Gemeinde in Mainz im Landesmuseum ausgestellt.
Die Napoleonische Schenkung
Den fulminanten Grundstock der Gemäldegalerie bilden 36 hochkarätige Gemälde, die auf Veranlassung von Napoleon Bonaparte nach Mainz überwiesen wurden. Die von seinen Kunstkommissaren in ganz Europa zusammengeraubten Werke wurde 1803 der damaligen Department-Hauptstadt an der östlichsten Landesgrenze geschenkt. Diese Schenkung wollte eine Bandbreite aller Gattungen und Schulen von verschiedenen Meistern vermitteln: Sie umfasst so bekannte Namen wie Lorenzo di Credi, Jacob Jordaens oder Philippe de Champaigne. Mit zum Teil beeindruckenden Überformaten bilden diese Gemälde den zentralen Kernbestand unserer Gemäldegalerie.
Das Goldene Zeitalter: Die Sammlung niederländischen Gemälde
Mit etwa 240 Werken ist die Sammlung der niederländischen Gemälde des 16. und 17. Jahrhunderts äußerst umfangreich und ein wesentlicher Schwerpunkt der Mainzer Gemäldegalerie. Eine Besonderheit ist, dass quantitativ gleichberechtigt sowohl die flämische wie auch die holländische Malerei in ihrer ganzen Bandbreite durch alle Gattungen vertreten sind. Herausragende flämische Künstler wie etwa Jan Brueghel d. Ä. und Jacob Jordaens sind genauso vertreten wie etwa die Utrechter Caravaggisten Dirck van Baburen und Gerrit Honthorst. Auch Namen wie Salomon van Ruysdael oder Jan van Goyen zeigen die besondere Qualität der Sammlung.
Mainzer Barock mit der Bozzetti Sammlung
Künstler wie Franz Matthias Hiernle, Burkard Zamels, Johann Peter Melchior und Johann Sebastian Barnabas Pfaff entwickelten durch ihre Skulpturen in der Residenzstadt des Mainzer Kurstaates einen spezifisch „mittelrheinischen Barockstil“. Singulär sind zudem die sogenannten „Cantourgen“, besondere Typen von dreiteiligen aufwendig gestalteten Schreibschränken, welche für die herausragende damalige Möbelkunst der Stadt stehen. Ein absoluter Schwerpunkt ist die einzigartige Modellsammlung mit 64 Bozzetti aus dem Besitz des Mainzer Bildhauers Johann Sebastian Barnabas Pfaff.
Höchster Porzellan des 18. Jahrhunderts
Einen Schwerpunkt des umfangreichen Keramikbestandes des Museums bilden die Fayencen und Porzellane aus der Produktion der kurfürstlichen Manufaktur Höchst. Diese wurde 1746 gegründet und zählt damit zu den ältesten im deutschsprachigen Raum. Ihr Firmenzeichen ist bis heute das Mainzer Rad.
Der bekannteste für Höchst tätige Entwerfer und Modellmeister war Johann Peter Melchior. Er wurde aufgrund seiner Leistungen 1770 zum kurmainzischen Hofbildhauer ernannt. Seine Entwürfe haben wesentlich zum Erfolg der Manufaktur beigetragen.
Die Sammlung Höchster Fayencen und Porzellane zählt zu den bedeutendsten und umfangreichsten ihrer Art.
Schwerpunkte des 19. Jahrhunderts: Rheinromantik und Nazarener
Ein Alleinstellungsmerkmal der Gemäldegalerie sind unter anderem die einzigartigen romantischen Rheinansichten der Brüder Georg und Caspar Schneider, die heute noch wichtige historische Bildquellen darstellen und für ein neues Interesse an der Natur und der eigenen Heimat stehen. Die Sammlung zeigt aber zugleich die ganze Bandbreite des Jahrhunderts, die von der christlich geprägten Kunst der Künstlervereinigung der Nazarener, mit unter anderem derem Gründungsmitglied Philipp Veit, bis zur monumentalen Historienmalerei der berühmten Mainzer Künstlerfamilie Lindenschmit reicht.
Die Jugendstilglas-Sammlung
Die Jugendstilglas-Sammlung zählt zu den bedeutendsten Sammlungen dieser Art in Deutschland. Sie basiert auf der Privatsammlung des Pirmasenser Messedirektors Heinrich R. Gruber. Diese Glassammlung wird durch die Werke der „Ecole de Nancy“, mit Emile Gallé, dem wichtigsten Glaskünstler der Zeit, geprägt. Die Sammlung zeigt die ganze Fülle, einerseits der französischen Entwicklung, mit deutlichem Schwerpunkt Nancy und Lothringen, und andererseits der Erzeugnisse der deutschen und vor allem der österreichisch-böhmischen Manufakturen, sowie die des Amerikaners Louis Comfort Tiffany.
Kunst der Moderne
Die herausragenden und sehr umfangreichen Bestände des „deutschen Impressionisten“ Max Slevogt sind ein absolutes Highlight unserer Sammlung. Für die wissenschaftliche Bearbeitung dieses Alleinstellungsmerkmales wurde eigens ein Forschungszentrum im Museum gegründet.
Darüber hinaus gehören zahlreiche Spitzenwerke von international namhaften Künstlern wie Max Beckmann, Lovis Corinth, Wilhelm Lehmbruck, Hans Purrmann, Arnulf Rainer und Pablo Picasso zu dem Bestand. Weitere Schwerpunkte sind etwa die deutschen Matisse-Schüler mit Rudolf Levy und Oskar Moll; die informelle und abstrakte Malerei mit Otto Greis, Bernard Schultze oder etwa Antoni Tàpies.
Die Graphische Sammlung
Es ist die umfangreichste grafische Sammlung des Landes Rheinland-Pfalz. Mit ca. 45.000 Blättern umfassen die Bestände Aquarelle, Handzeichnungen, Druckgrafiken, Künstlerautografen und alte Fotografien.
Ein Schwerpunkt liegt auf den Zeichnungen des 19. Jahrhunderts, besonders der deutschen Romantik. Mit zu den bekanntesten Zeichnungen gehört u.a. das Aquarell „Mainz von Süden“ (1817) von William Turner, die Federzeichnung „Lindenfels im Odenwald mit betendem Wanderer“ (um 1813) von Carl Philipp Fohr und das Aquarell „Der Hafen von Marseille (um 1930) von Paul Signac. Im Bereich Druckgrafik reicht der Bestand u.a. von Albrecht Dürer, Giovanni Benedetto Castiglione bis hin zu Camille Corot.
Die Sammlung von Prinz Johann Georg
Prinz Johann Georg, Herzog zu Sachsen (1869 – 1938) und Bruder des letzten regierenden Königs von Sachsen, war leidenschaftlicher Sammler und gläubiger Privatgelehrter. Seine zahlreichen Reisen führten ihn vor allem in die europäischen Nachbarländer, nach Russland und Griechenland sowie mehrfach in den Nahen Osten und nach Ägypten. Auf all seinen Reisen erwarb er zahlreiche Kunstwerke, aber auch Gegenstände des Alltags, wobei sein besonderes Interesse Objekten mit theologischem Hintergrund galt. Das Land Rheinland-Pfalz konnte im Winter 1949/50 die ungewöhnliche Sammlung des Prinzen Johann Georg erwerben und sie dem Kunstgeschichtlichen Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz anvertrauen. Seit 1981 befindet sie sich als Dauerleihgabe im Landesmuseum Mainz.